Tausend Löwen Unter Feinden – Machtwort (2015)

Tausend Löwen Unter Feinden – Machtwort (2015) 1

Mit ‘Machtwort’ lieferten Tausend Löwen Unter Feinden am 13.11. ihr erstes FullLength ab, das digital, auf CD & Vinyl via Let It Burn Records den Weg in heimische Gefilde findet. Was die Band mit dem seltsam anmutenden Namen auf ganzer Album-Länge drauf hat, wollte ich nach dem Erstlingswerk in Form der ‘Licht’-EP selbst herausfinden.

Das je nach Betrachtungswinkel faszinierende respektive irritierende an Tausend Löwen Unter Feinden sind die unterschiedlichen Ebenen der Band: zum einen wäre da die rein optisch/musikalische, andererseits die sprachlich/textliche Ebene. Eine Schräglage entsteht, die bei einer oberflächlichen Betrachtung von TLUF wohl ganz schnell das Interesse wegkippen lassen wird. Andererseits schreit die Gesamtwirkung geradezu danach, sich etwas länger und intensiver mit der Band zu beschäftigen.
Doch der Reihe nach. Lasst uns erstmal klären, wodurch die Schräglage entsteht.
Da wäre zum einen der klassisch-oldschoolige (New York) Hardcore-Sound (die besten, weil nicht-metallischen Elemente, von Cro-Mags, Madball, dazu “Neu”-Interpretationen à la Terror usw.), der das Fundament der Band darstellt; auf ‘Machtwort’ aber wesentlich abwechslungsreicher  und komplexer daherkommt als bei der ‘Licht’ EP: viel melodischer, darüber hinaus einzelne Songs, die den gewohnten Genre-Rahmen sprengen.
Dann wären da Typen, die halt so aussehen wie Typen, die New York Hardcore machen. Über Deleuze würde ich mich jetzt spontan nicht mit ihnen unterhalten wollen.

Ganz im Kontrast dazu die sprachliche/textliche Ebene: Hey, die Singen/Schreien/Sprechgesangen auf Deutsch. Und zwar so, dass man sie auch recht gut versteht. Also nichts mit “hinter kryptischen, englischen Texten und fiesen, unverständlichen Shouts” verstecken.

Klar ist, wer auf Deutsch singt, lässt auch die Hosen runter. Dazu die Gefahr, dass ein Großteil der potenziellen Hörerschaft davon läuft, sobald die ersten Textzeilen von ‘Alpha’ erklingen. So ging es mir jedenfalls, deutsche Texte mag ich tendenziell eher nicht, obwohl es in der Vergangenheit auch viele gute Bands dieser Art gab – Lebensreform und Sabeth fallen mir da etwa ein, beackerten aber ein ganz anderes Stück Hardcore-Wiese.

Zunächst, dass muss ich der Ehrlichkeit halber hinzufügen, wollte ich auch davonlaufen. Weil ich auf bollerigen Hardcore nur sehr selten klarkomme und von der in TV und Radio omnipräsenten deutschsprachigen Musik komplett das Kotzen kriege. Wenn es ganz arg schlimm wird mit der teutonischen Dauerbeschallung lege ich ‘Deutschland’ von der erste Slime LP oder (Hass)…Allein genügt nicht mehr” als Antiseptikum auf.

Aber zurück zu ‘Machtwork’, das gar nichts dafür kann, mit welchen Assoziationen und Bildern im Kopf ich mir die insgesamt 14 Songs anhöre. Kurze Wiedergabe meiner Eindrücke nach den ersten Durchläufen: Die ein oder andere Stelle, über die ich lieber schnell hinweghöre (etwa der fürchterliche weibliche Gesang bei ‘Kreuz Herz Anker’; Textzeilen wie “Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.”). Irritiert frage ich mich: ernst gemeint? Ironie? Man weiß es nicht.

Immerhin versuchen sie etwas, worauf viele andere Bands des Genres aus welchen Gründen auch immer verzichten: sie beziehen Position, ohne in platte Phrasen abzugleiten…ähm…Moment. Scheiße, machen die ja doch. Ach egal, weiter geht’s: sie versuchen Tiefgang, ohne sich in einen literarischen Elfenbeinturm zurückzuziehen. Stimmt, kann man so stehen lassen. Sie sitzen zwischen den Stühlen, und das bedeutet, dass man auch einmal auf den Hosenboden landet. Leider passiert das öfters als gewollt. Trotz/Ob/Gerade aufgrund der Zitate -neben einer ganzen Latte an Szenegrößen,  hat man sich auch einige literarische Schwergewichte als Backgroundsänger mit ins Boot geholt- das Ganze wirkt nicht wirklich rund. Persönlich machten die fragmentarisch gehaltenen, kurz und knapp herausgebrüllten Texte der ersten EP mehr Sinn.

Auf jeden Fall kann man prima morgens in der U-Bahn im (gedanklich) “singalongen”, samt passendem “Evil”-Gesichtsausdruck den Wachkoma-Sitznachbarn ein wenig verstören. Den inneren Schweinehund von der Leine lassen sozusagen.

Wer beim Pumpen in der Muckibude demnächst Zeit zum Nachdenken hat, sollte sich unbedingt ‘Machtwort’ besorgen. Man sollte mit der Art der Musik klar kommen, und nicht per se erwarten, dass jede Band das musikalische Rad neu erfindet. Für Pauschalkritik an dieser Art von Musik sollte man sich ein anderes Objekt heraussuchen als Tausend Löwen Unter Feinden. Hab’ ich so nämlich tausend Mal schlechter gehört als auf Machtwort.

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